Ein weiteres Mal wurde vom Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) zu einer Zukunftswerkstatt der ländlichen Bioökonomie eingeladen. Bei dieser Veranstaltung, die in Brandenburg, genauer gesagt in Wandlitz im Naturpark Barnim stattfand, standen „neue Wertschöpfungsketten zur ländlichen Entwicklung im nord(ost)deutschen Raum“ im Fokus. Diesmal begaben sich insgesamt 17 Teilnehmer auf die „Zeitreise“ in das Jahr 2035, um gemeinsam zurück auf die Erfolgsgeschichte der Ländlichen Bioökonomie zu blicken.
Nach einer herzlichen Begrüßung und thematischen Einleitung durch Jörg Böhmer vom IfaS und Johannes Rupp vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), übernahm René Kolbe, Geschäftsführer der Pahren Agrar Kooperation das Wort.
Kolbe berichtete in seinem Impulsvortrag, dass im ländlichen Raum viel Wille zur Neugestaltung vorhanden ist, es aber noch an kompetenten Akteuren mangelt. Umso wichtiger seien Kooperationen zwischen den einzelnen Landwirten sowie den Veredelungsbetrieben der landwirtschaftlichen Rohstoffe. Nach Einschätzung des Praktikers, der eines der wenigen EMAS-zertifizierten Agrarunternehmen in Deutschland leitet, wird stets genügend Fläche für die landwirtschaftliche Produktion vorhanden sein, die Potenziale müssen lediglich genutzt werden. Mehr Wertschöpfung für die Landwirtschaft verspricht sich Kolbe durch die Kultivierung innovativer Pflanzen und die Veredelung der Rohstoffe auf den landwirtschaftlichen Betrieben. Hierzu braucht es mutige, selbstbewusste und risikobereite Unternehmer und vor allem Verbraucher die eine bewusste Kaufentscheidung treffen, die den ländlichen Raum stärkt.
Im Anschluss wurden in Tischgruppen die Herausforderungen und Maßnahmen für die Realisierung einer Ländlichen Bioökonomie erörtert. Ähnlich wie bereits auf der ersten Zukunftswerkstatt im September in Unsleben (Franken) sahen die Teilnehmer großen Entwicklungsbedarf im Wissensmanagement. So hoben die Teilnehmer eine fehlende Sensibilisierung für die Belange der Landwirtschaft allgemein und Innovationsfelder wie die Bioökonomie im Besonderen hervor. Beginnend mit bewusstseinsbildenden Maßnahmen im Rahmen der Schulbildung, über das Interessieren von Schulabgängern für die entsprechenden Zukunftsberufe bis hin zu zielgerichteten Qualifizierung von Fachkräften in Berufsbildung und Studium wurden hier vielfältige Ansätze genannt. Für die Weiterbildung von Mitarbeitern der relevanten Behörden wurden sogenannte „Dipol-Jobs“ ersonnen – ein organisierter Austausch über die Freistellung von Verwaltungsmitarbeitern für die Sammlung von Praxiserfahrung im Rahmen von innovativen Bioökonomieprojekten in und mit der Landwirtschaft.
Als möglicher Ansatz für die Förderung der praktischen Entwicklung wurde die Schaffung regionaler Cluster unter Beteiligung vielfältiger Akteure aus Land- und Forstwirtschaft(lichen Verbänden), Politik und Verwaltung, Industrie, Handel und Verbraucherorganisationen als Keimzellen für eine Ländliche Bioökonomie gesehen. Hilfreich wären etwa Förderformate, die eine Erstellung regionaler Potenzialanalysen und die Qualifizierung von Akteuren ermöglichen. In diesen Regionen sollten dann auch mehr gute Beispiele, in Form von Pilotvorhaben, gefördert und realisiert werden. Denn während bestehende Vorreiterregionen bereits Erfolge vorzuweisen haben, sollten Fördermittel zur Ländlichen Bioökonomie zielgerichtet in benachteiligte Regionen, z.B. die in Konversion befindlichen Braunkohlereviere, gelenkt werden. Dennoch bedarf es angepasster Fördermaßnahmen in allen Regionen. Eine solche Anpassung ist etwa durch eine Re-Regionalisierung der GAP, also die Verteilung regionaler Förderbudgets, erreichbar.
Auf Ebene der landwirtschaftlichen Betriebe wurde künftig Kooperationen ein besonderer Stellenwert beigemessen. Die Zusammenarbeit innerhalb von Kooperativen oder zwischen unabhängigen landwirtschaftlichen Betrieben ermöglicht eine weitergehende Spezialisierung bei gleichzeitiger Realisierung von Synergien, etwa zwischen Ackerbau, Tierhaltung, Energiebereitstellung und neuen stofflichen Nutzungspfaden. Dies ermöglicht dann auch neue Beschäftigungsmodelle, auch um Arbeitsspitzen in der Landwirtschaft erfolgreich abzupuffern.
In ihrem Schlusswort bedankten sich Johannes Rupp (IÖW) und Jörg Böhmer (IfaS) für die kreativen und vor allem konstruktiven Ideen aus dem Jahr 2035 und blicken gemeinsam mit allen Zeitreisenden in eine vielversprechende Zukunft. Ob in 2035 tatsächlich die „Grüne Partei“ in der Regierungsverantwortung steht, wie von einer Teilnehmerin antizipiert, wird sich noch zeigen …
Die Ergebnisse des Verbundvorhabens insgesamt werden im Rahmen eines zentralen Workshops mit politischen Akteuren in Berlin diskutiert sowie in einer Broschüre aufbereitet und publiziert.
Alle Informationen und Praxisbeispiele zur Ländlichen Bioökonomie sind unter www.laendliche-biooekonomie.de zu finden.